Schuldenbremse verhindert notwendige öffentliche Investitionen

MdB Jens Peick

Mit Urteil vom 15. November 2023 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: das zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und damit nichtig. Konkret heißt dies: 60 Milliarden Euro fehlen für die künftigen Haushaltsjahre. Denn im Bundeshaushalt 2021 wurde aus einer Kreditermächtigung in Höhe von 60 Milliarden Euro, die für die Corona-Pandemie vorgesehen war, ein unselbstständiges Sondervermögen für den „Energie und Klimafonds“ (EKF) gebildet. Dagegen hatte die CDU/CSU- Fraktion geklagt.

Im folgenden nimmt unser Bundestagsabgeordneter zum Urteil und seinen Folgewirkungen  Stellung.

Eine Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die Schuldenbremse ist dem BVG-Urteil zufolge unzulässig. Die Schuldenbremse als grundsätzliches Verbot der strukturellen Neuverschuldung im Grundgesetz verhindert somit notwendige öffentliche Investitionen für die Zukunft und den Wohlstand unseres Landes.

Die 60 Milliarden Euro waren für den Umbau und Ausbau unserer Industrie hin zur Klimaneutralität bis spätestens 2045 gedacht. Denn damit der sozial-ökologische Strukturwandel gelingt, keine Arbeitsplätze verloren gehen, Deutschland und Europa wettbewerbsfähig bleiben und am Ende unser Wohlstand nicht gefährdet wird, braucht es Investitionen aus der öffentlichen Hand. Dass diese Investitionen nicht einfach wegfallen können, versteht sich von selbst. Vor allem steht durch das Urteil auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSI) in Frage. Dieser wurde in ähnlicher Weise eingerichtet und hat mit 200 Milliarden Euro die Wirtschaft während der Corona-Pandemie gestützt. Aber das ist auch bitter angesichts der harten Haushaltsdebatten in den vergangenen Wochen, bei denen umfangreiche Kürzungen im sozialen Bereich drohten, die durch gute Verhandlungen unsererseits in den meisten Fällen verhindert werden konnten.
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Es wird wieder einmal deutlich: Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form ist eine Gefahr für die Zukunft und den Wohlstand Deutschland. Sie bremst notwendige öffentliche Investitionen aus und zwingt jetzt vielleicht sogar zu Kürzungen von Sozialleistungen. Deshalb ist es wichtig, jetzt über Wege und Möglichkeiten einer modernen und zeitgemäßen Finanzierung staatlicher Aufgaben und öffentlicher Investitionen zu reden.
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Der Leitantrag für den Bundesparteitag Anfang Dezember macht hier gute Vorschläge:

Die Reform der Einkommenssteuer, so dass 95% Menschen, vor allem die arbeitende Mitte, entlastet werden. Wer aber am meisten von unserem Wohlstand profitiert, soll auch steuerlich am meisten dazu beitragen. Deshalb sollen alle, die reichensteuerpflichtig sind, also mehr als 260.000 Euro im Jahr Einkommen haben, eine temporäre Krisenabgabe zahlen.
Den Solidaritätszuschlag als Zukunftsabgabe wiederbeleben. Der Kreis der Abgabepflichtigen bleibt gleich, aber es soll eine stärkere Progression für besonders hohe Einkommen eingeführt werden.
Eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer, weil in der jetzigen Form ist die Steuer weder gerecht noch effektiv. Auf kleine Erbschaften wird im Moment sogar mehr Steuern gezahlt als auf großen. Das muss sich ändern. Deshalb sollen die persönlichen Freibeträge erhöht werden, aber Erben von Multimillionen- und Milliardenvermögen stärker beteiligt werden.
Multimillionär*innen und Milliardär*innen sollen mehr zum Gemeinwohl besteuern. Dies wird durch eine effektive Mindestbesteuerung für große Betriebsvermögen sichergestellt, die Steuertricks und -schlupflöcher verhindert. Einen staatlicher Deutschlandfonds, in den sowohl die öffentliche Hand als auch private Investor*innen einzahlen, aufsetzen. Der Deutschlandfonds stellt die Investitionen für einen gelingenden Strukturwandel zur Verfügung und was als Dividende abfällt, geht zurück in den Fonds, für mehr Investitionen in die Zukunft.

Klar ist auch, dass wir weiter an einer zeitgemäßen Ausgestaltung der Schuldenbremse arbeiten müssen, auch wenn aktuell dafür keine parlamentarische 2/3 Mehrheit existiert.
Was wir in unserem Land an Investitionen, Infrastruktur und Daseinsvorsorge haben wollen und wie wir es finanzieren? Die Antwort auf diese Frage entscheidet über die Zukunft unseres Wohlstands. Wir wissen, nur mit der Sozialdemokratie wird es eine sozialgerechte Lösung geben, die allen ihren wohlverdienten Anteil am Wohlstand sichert. Deswegen ist der kommende Bundesparteitag – gerade auch als Regierungspartei – von entscheidender Bedeutung.